Der günstigste Bieter bekommt den Zuschlag. Lange Zeit wurden unter diesem Motto Facility Services ausgeschrieben und vergeben. Hierdurch entstand ein regelrechter Preiskampf der etablierten und großen FM-Dienstleister. Leidtragende waren oft kleine und Mittelständische Betriebe, die die Preise nicht mitgehen konnten. Erst Jahre später wurden die Auswirkungen dieses Preisdumping offensichtlich: Die Qualität der Dienstleistungserbringung nahm immer mehr ab. Durch die Qualitätsabnahme entstehen für Immobilieneigentümer und Betreiber zwei wesentliche Nachteile:
- Die Sicherstellung der Betreiberverantwortung wird nicht garantiert
- Ein Instandhaltungsstau und ein damit verbundener Wertverlust von Bauwerk und technischen Anlagen entsteht.
In den letzten Jahren sind Immobilieneigentümer und Betreiber also dazu übergegangen, nicht mehr nur nach dem Kriterium “Preis” zu vergeben, sondern auch das Kriterium “Qualität” mit zu berücksichtigen. Wie soll man aber die Qualität einer Dienstleistungserbringung bewerten, noch bevor die Dienstleistung tatsächlich erbracht wird? Dazu können vom Auftraggeber sogenannten Eignungs- und Zuschlagskriterien bestimmt werden.
Was ist der Unterschied zwischen Eignungs- und Zuschlagskriterien?
Eignungskriterien sind die Hard-Facts – also die “Harten Fakten” einer bietenden Firma. Diese Fakten sollen zeigen, ob eine Firma überhaupt in der Lage ist, eine FM-Dienstleistung zu erbringen. Erfüllt ein Bieter nicht die Anforderungen, so wird dieser von der weiteren Ausschreibung ausgeschlossen. Die Eignung einer Firma wird in einer Ausschreibung auch oft in einem Teilnehmerwettbewerb ermittelt. Hierbei wird bereits vor der Angebotsphase die Teilnehmer auf ihre Eignung hin überprüft und erst bei bestehen zur Angebotsabgabe aufgefordert.
Zuschlagskriterien sind eher die Soft-Facts einer Ausschreibung. Hierzu zählen zum Beispiel, wie der Bieter die Aufgabe der Leistungserbringung erfüllen möchte. Zum Angebot gehört beispielsweise die Abgabe eines Betriebskonzeptes, aus welchem hervorgeht, wie der Bieter die FM-Leistungen erbringen wird. Weiterhin kann anhand des Betriebskonzepts überprüft werden, ob ein Bieter die Aufgabenstellung richtig verstanden hat und sein Angebot plausibel ist.
Wann ist ein Bieter „geeignet“?
Ein Bieter ist geeignet, wenn er eine reihe von Kriterien erfüllt, die vorab festgelegt wurden. Bei der festlegung der Eignungskriterien spielt die zu erfüllende Leistungserbringung eine wichtige Rolle. Wird eher eine “einfache” Leistung ausgeschrieben (z.B. die Reinigung in einer einzelnen Büroetage, o.ä.) sind auch kleinere und mittelständische Firmen in der Lage, die Dienstleistungen vertragskonform und kostengünstig zu erbringen. Bei komplexeren Ausschreibungen, wie beispielsweise die Leistungen aus dem infrastrukturellen und technischen Gebäudemanagement in einem Rechenzentrum mit hohen Verfügbarkeitsanforderungen, sind kleine Firmen oft nicht in der Lage die Leistungen zu erbringen. Hier fehlt oft die Erfahrung oder das nötige Personal.
Mögliche Eignungskriterien sind beispielsweise:
- Referenzen / Erfahrungen
- Niederlassung am Erbringungsstandort (Umkreis ca. 50 km)
- Firmenstruktur:
- FM-Dienstleistungsangebot
- Umsatz Unternehmen
- Umsatz FM-Dienstleistungen
- Anzahl Mitarbeiter (Gesamt, FM-Dienstleistungen, TGM, IGM, KGM)
- Eigenleistungstiefe
- Zahlung von Steuern und Abgaben
Welcher Bieter erhält den Zuschlag?
Nachdem ein Bieter für geeignet erklärt wurde, wird sein Angebot entsprechend gewertet. Lag vor einigen Jahren der Fokus komplett auf dem Preis, so spielen heute immer mehr auch Qualitätskriterien eine wichtige Rolle.
Der Bieter reicht mit seinem Preis- und Leistungsverzeichnis auch die weiteren geforderten Dokumente ein. Hierzu gehören üblicherweise Betriebskonzept und Personalkonzept. Diese Dokumente beschreiben, wie der potenzielle Dienstleister seine Leistungen erbringen wird. Der Auftraggeber bewertet die eingereichten Unterlagen in Bezug auf die vorher definierten Kriterien. Um die Transparanz im gesamten Ausschreibungsprozesses zu gewährleisten, sind Zuschlagskriterien inkl. ihrer Gewichtung in der Ausschreibungsbekanntmachung zu benennen.
Im Anschluss an die Bewertung liegt eine Reihenfolge der Bieter vor. Die “besten” Bieter werden zu Bietergesprächen eingeladen, wo sie ihr Angebot inkl. der Konzepte zur Leistungserbringung vorstellen. Nach den Bietergesprächen wird die Bewertung angepasst, so dass am Ende ein “Sieger” hervorgeht. Der Bieter mit dem besten Konzept und dem besten Preis/Leistungsverhältnis bekommt üblicherweise den Zuschlag.
In folgender Tabelle habe ich einige Zuschlagskriterien inkl. Gewichtung, welche ich in diversen FM-Ausschreibungen verwendet habe, zusammengestellt.
Kriterium | Gewichtung Hauptkriterium | Gewichtung Teilkriterium |
---|---|---|
Personalkonzept | 45 % | |
Darstellung der auftragsbezogenen Leistungsfähigkeit und der Übernahme der Betreiberverantwortung anhand eines Organigramms | 30 % | |
Darstellung der Fachkompetenz der Projektverantwortlichen, wie im Organigramm dargestellt Es werden personelle Angaben zur Qualifikation / Ausbildung der Projektleitung und Stellvertretung mit Angabe zu Referenzen in vergleichbaren Projekten erwartet. (1 DIN A 4 Blatt pro Person) | 25 % | |
Darstellung der Qualifikation der Mitarbeiter, in Bezug auf die Durchführung der Wartungsarbeiten und in Bezug auf die Durchführung von Prüfungen. | 25 % | |
Darstellung der Qualifikation der Mitarbeiter, in Bezug auf die Durchführung der Leistungen für den First Level Support. | 20 % | |
Betreiberkonzept | 40 % | |
Beschreibung des Betreiberkonzeptes zur Übernahme des Gebäudemanagements, einschl. Start-Up | 20 % | |
Darstellung der Prozesse zum Betriebskonzeptes mit der Durchführung der Leistungen aus der Leistungsbeschreibung und des LV´s. | 80 % | |
Wartungsplan | 15 % | |
Beispielhafte Erstellung eines detaillierten Wartungsplanes zur Darlegung der Durchführung der Leistungen und Prüfungen | 100 % |
Gewichtung zwischen Preis und Qualität
Die richtige Gewichtung zwischen dem Preis und der Qualität ist ein wichtiger Faktor. Ich habe in der Vergangenheit oft gesehen, dass der Preis zu 80% in die Gesamtbewertung eingeht und die “Qualität” dementsprechend nur zu 20%. Hier erfüllt das Qualitätskriterium oft nur eine Alibifunktion. Gewichtet man das Kriterium mit mindestens 35%, so gewinnt die Qualität entscheidend an Bedeutung.
Gute Ergebnisse in Ausschreibungen habe ich mit Gewichtungen von 60% Preis zu 40% Qualität oder sogar 50 % Preis und 50 % Qualität erzielt.
Beispiel einer Wertungsmatrix
Die Bewertung der Angebote erfolgt meist in Form einer Wertungsmatrix in Excel. Hier werden Kriterien und Gewichtung festgelegt. Bei der Bewertung der Angebote werden für jeden Bieter die Kriterien individuell bewertet. Am Ende wird der Preis eingetragen und Excel errechnet eine Rangfolge.
In dem oben dargestellten Beispiel kann man gut erkennen, dass der günstigste Bieter nicht den Zuschlag erhalten würde. In der gesamten Rangfolge würde dieser Bieter nur den vierten Platz belegen. Betrachtet man die Punktwerte werdet ihr feststellen, dass Bieter B und Bieter D fast einen identischen Punktwert aufweisen, obwohl der Preis fast 20% teuer ist. Bewertet man die Qualität in diesem Beispiel mit 45%, ergibt sich sogar eine neue Rangfolge. Das Angebot B würde dann in der Gesamtbetrachtung den ersten Platz belegen.
Gerne könnt ihr in diesem Beispiel mit unterschiedlichen Gewichtungen spielen. Unter dem folgenden Link könnt ihr meine Wertungsmatrix mit dem oben dargestellten Beispiel (natürlich kostenlos) herunterladen:
Download “Wertungsmatrix”
kompaktFM-Muster-Wertungsmatrix.xlsx – 843-mal heruntergeladen – 48,89 kBMich würde eure Meinung interessieren. Vergebt ihr eure FM-Services nur nach dem Preis? Oder bezieht ihr die „Qualität“ angemessen mit ein? Schreibt mir gerne in den Kommentaren oder direkt eine E-Mail. Ich freue mich auf eure Anmerkungen.
Quelle Titelbild: pixabay.com